Authentische Führung ist mehr als ein Schlagwort – sie ist Erfolgsfaktor für Verantwortungsträger. Studien zeigen, dass Führungskräfte, die authentisch handeln, langfristig stärkere Teams formen und deren Motivation stärken. Wie wir das erreichen, hängt jedoch mit uns und unserer Persönlichkeit zusammen.
Was bedeutet authentische Führung?
Authentisch sein bedeutet, einfach gesagt, echt zu sein; ein Original, statt einer Kopie. Authentizität entsteht, wenn ein Mensch im Einklang mit sich und seinen inneren Werten und Überzeugungen denkt, fühlt und handelt. Dieser Mensch ist sozusagen im positiven Sinne berechenbar, sprich verlässlich und nach innen und außen integer. Das ist leicht gesagt. In der Realität jedoch erfordert es ein hohes Maß an Selbstkenntnis und den Mut, seine eigenen Ansichten und Einstellungen nach außen hin auch zu vertreten. Denken wir an ein Konfliktgespräch, eine Beurteilung, eine Abmahnung, an einen Report nach einem missglückten Auftrag. Wer hat da die Fähigkeit, klar zu denken, sich nicht von den aufkommenden Emotionen dominieren zu lassen und dennoch selbstgesteuert zu entscheiden? Wer verliert sein „Rückgrat“ bei unangenehmen Entscheidungen oder „buckelt nach oben und tritt nach unten“?
Echte Führungsqualität entsteht also durch Selbstkenntnis und konsistentes Verhalten, unabhängig vom Auftrag. Führungskräfte, die ihre Werte kennen und danach handeln, schaffen eine Vertrauensbasis, die Teams zu Höchstleistungen motiviert. Laut einer Untersuchung der Harvard Business School erhöht authentische Führung die Teamzufriedenheit signifikant. Das verwundert nicht. Wer folgt schon gerne einer profillosen und nicht greifbaren Führungskraft?
Was ist Kompetenz?
Kompetenz ist die Fähigkeit, Wissen, Fertigkeiten sowie Erfahrungen zielgerichtet einzusetzen, um Aufgaben effektiv zu bewältigen und Herausforderungen souverän zu meistern. Sie umfasst: Fach-, Sozial, Methoden, Führungs- und Selbstkompetenz (klassisches Kompetenzmodell). Kompetenz entsteht durch Wissenserwerb, praktische Erfahrung und kontinuierliche Weiterentwicklung. Sie ermöglicht es, sich flexibel an neue Herausforderungen anzupassen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Authentizität erfordert Kompetenz
Authentisches Führen erfordert ein hohes Maß an Selbstreflexion, emotionaler Intelligenz und Kommunikationsgeschick, auch sich selbst gegenüber (Selbstkompetenz; Selbstführung). Eine Studie von Goleman (2000) fand bspw. heraus, dass Führungserfolg stark mit emotionaler Intelligenz korreliert. Aber langsam.
Führung wird oft als ein Prozess verstanden, der zielgerichtet Einfluss auf menschliches Handeln nimmt. Häufig wird diese „Zielgerichtetheit“, die dazugehörige Motivation und Anleitung von Menschen zur Zielerreichung, sehr mechanisch, fast maschinell betrachtet: Was muss ich tun, damit ich XYZ erreiche? Oder: A führt zu B. Kognitiv logisch. Nun ist Führung ein Handwerk, das je nach Branche und Auftrag hohe zwischenmenschliche Interaktion erfordert. Die mechanisch-logische Führung kommt im Umgang mit Menschen und deren Psycho-Logik schnell an Ihre Grenzen. Und genau da liegt der Unterschied zwischen Kopien und Originalen.
Was bedeutet dies für Führungskräfte und Entscheider?
Die klassischen Themenfelder der Personal- und Führungskräfteentwicklung (Wissen, Fähigkeiten, Einstellung) korrelieren mit den Feldern der Kompetenz.
Konkret:
- Reines Wissen zu sammeln (Lesen, Vortrag/ Seminar besuchen etc.) macht uns nicht kompetenter in der Realität, bildet aber hilfreiche Grundlagen. Je nach Zielgruppe: Kann ich mir das nicht selbst aneignen oder brauche ich dafür wirklich einen Trainer?
- Praktische (Führungs-)Fähigkeiten entwickeln sich nicht durch reine Theorie. Sie müssen praktisch angewendet werden. Dafür sind z.B. Handlungstrainings für Führungskräfte wertvoll. Noch wichtiger sind aber Reflexion und ein wirklich fundiertes Feedback. Dies ist die Grundlage zur Verarbeitung wichtiger Erfahrungen und fördert die Entwicklung von Einstellung, Haltung und Menschenbild!
Wissen, Fähigkeiten, Einstellung und unser Menschenbild(!) formen erst eine (Führungs-)Kompetenz, die über unsere Bildungsprozesse erworben werden. Damit können wir in beruflichen/ sozialen Kontexten entsprechend der Lage agieren (nicht nach Schema F). Ein Seminar oder zahllose Tools zu erwerben, kann daher nicht wirklich Kompetenz aufbauen. Nur das Anwenden, Fehler/ Erfahrungen machen und nachkorrigieren schafft Erfahrung, die wiederum zu echter Kompetenz wird. Es ist ein kontinuierlicher Lern-Prozess.
Wie wird man also eine authentische Führungskraft?
- Selbstkenntnis stärken: Regelmäßige Reflexion und ehrliches Feedback fördern ein tiefes Verständnis für eigene Stärken und Schwächen.
- Werte kennen & leben: Klare Prinzipien und ethische Grundsätze sind das Fundament glaubwürdiger Führung.
- Kommunikation verbessern: Aktives Zuhören und transparente Entscheidungsprozesse schaffen Vertrauen und stärken die Teamdynamik.
Authentische Führung ist kein Talent, sondern eine bewusste Entscheidung, die echte Kompetenz erfordert. Führungskräfte, die sich darauf einlassen, setzen nicht nur Maßstäbe, sondern fördern auch eine nachhaltige und motivierende Organisationskultur.
Fazit
Führung ist lebenslanges Lernen. Sie ist ein menschenzentriertes Handwerk. Wir erleben daher immer Rückkopplungen zu uns selbst und zur eigenen Wahrnehmung, da wir mit anderen Menschen interagieren. Führung ist daher immer ein Ausdruck dessen, welches Menschenbild wir haben, welches Bild wir von uns selbst haben, welches sich dann in der Interaktion im Außen eben äußert. Führung kann man nicht „fertig haben“. Sie muss trainiert und angewendet, sprich gelebt werden. Feedbackschleifen und Reflexion gehören zum Alltag wirklich kompetenter Führungspersönlichkeiten dazu.
Und das unterscheidet Originale von Kopien: die Bereitschaft und die (mitunter) mutige Tat, weiterzugehen und eigene, authentische (Führungs-)Kompetenz aufzubauen. Wer seine eigene originale, authentische Führungskompetenz aufbauen will, für den ist Führungskräfteentwicklung genau das Richtige.
Quellen
- Flieg; Wesche: Authentic Leadership: Authentische Führung praktizieren und trainieren, In: Felfe; van Dick: Handbuch Mitarbeiterführung. Springer, Berlin, Heidelberg. 2023.
- „Discovering Your Authentic Leadership“ von Bill George, Peter Sims, Andrew N. McLean und Diana Mayer. Diese Studie basiert auf Interviews mit 125 Führungskräften und untersucht, wie authentische Führung entwickelt wird. Sie können sie hier finden.
- „Authentic Leadership: What It Is & Why It’s Important“ – Ein Artikel der Harvard Business School Online, der die Bedeutung authentischer Führung und deren Einfluss auf Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität beschreibt. Sie können ihn hier lesen.
- Goleman: „Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ“,1995.