Alles eine Frage des „Mindsets“?

Mindset Coaching Flensburg

Häufig wird unter „Mindset“ die Denkweise oder Einstellung einer Person, die ihre Wahrnehmung, Entscheidungen und Handlungen beeinflusst, verstanden.

Als ich im Rahmen meiner Ausbildung zum Offizier einen Marinelehrgang besuchte, stand in einem Gebäude der Satz an der Wand: „Nicht Schiffe kämpfen, sondern Menschen“. Dieser Satz ist in vielerlei Hinsicht beachtenswert, da er Gedanken zu Akteuren in militärischen Auseinandersetzungen, deren Einstellungen, Entscheidungen, Haltung und Handlungen eröffnet.

Übertragen auf eine breitere Zielgruppe in anspruchsvollen Umfeldern, ermöglicht es die interessanten Fragen:

  • Was treibt Menschen an und wo wollen sie hin?
  • Wie genau gehen sie Dinge an?
  • Wie lassen sich Individuen sinnvoll zu robusten Teams zusammensetzen und entwickeln?
  • Was sind die Motive hinter starker Leistung und Resilienz in außergewöhnlich anspruchsvollen Umfeldern?

All das sind letztlich Fragen der Einstellung, Haltung, des Charakters oder besser der Persönlichkeit. Nur die Persönlichkeit ist nicht immer leicht zu fassen.

„Die Persönlichkeit eines Menschen bildet sich aus der Gesamtheit derjenigen Merkmale, die sein Erleben, Fühlen und Verhalten maßgeblich prägen.“
– Jens Asendorpf

Faktor Mensch / Persönlichkeit

Die Charaktereigenschaften eines Menschen und die Frage, wie wir Dinge angehen, werden in der Persönlichkeitsdiagnostik über die sogenannten BIG 5 (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Extraversion, Neurotizismus) erfasst. Unsere Charaktereigenschaften haben wir in den prägendsten Jahren unserer Entwicklung gefestigt (Kindheit, Jugend). Heutige Forschung geht davon aus, dass im jungen Erwachsenenalter die Entwicklung dieser Eigenschaften weitestgehend abgeschlossen ist. Unser Charakter ist zeitlich sehr stabil. Das heißt, unsere Charaktereigenschaften ändern sich selten, langsam, marginal.

Was uns antreibt und wo wir hinwollen, was uns in unserer Lebensphase wichtig ist, ist eine Frage unserer Motive. Motive sind relativ stabil, je nach Lebenseinfluss und -phase. Also die Frage nachdem, was uns antreibt, wo wir hinwollen, ist stärker als es bei den Charaktereigenschaften der Fall ist, beeinflusst von der Phase im Leben, in der wir stecken. In der Phase der Mittzwanziger sind andere treibende Kräfte am Wirken als Ende 30/ 40.

Was uns gut liegt, ist eine Frage unserer Kompetenzen, die wir erworben haben oder die als Potential warten entfaltet zu werden. Kompetenzen ändern sich (zum Glück) durch lernen, entwickeln, Feedbackschleifen (außen/ innen) und neu probieren. Denken wir dabei an ein Kleinkind, das wohl tausende Versuche braucht, um halbwegs vernünftig laufen zu können. Aber nur weil wir adaptive Wesen sind, können wir nach diesen tausenden Fehlversuchen uns zu einer höheren Fähigkeitsstufe (Kompetenz) entwickeln. Dieses Prinzip ist es letztlich, was uns alles hat lernen lassen: gehen, lesen, schreiben, sportliche Bewegungen, ein Musikinstrument etc. Das Schöne ist, Lernen ist im wahrsten Sinne des Wortes lebenslanges Lernen: Der beschriebene Ablauf aus Probieren, Scheitern, neu ansetzen und stetige Rückmeldungen bekommen (Feedback) ist es, was gemäß Lernforschung bis ins hohe Alter funktioniert.

Fassen wir kurz zusammen:

Charakter, Motive und Kompetenzen bilden dabei wesentliche Bausteine zur Erfassung unserer Persönlichkeit. Charaktereigenschaften sind zeitlich sehr stabil, können nur unter ganz bestimmten Umständen und marginal verändert werden. Motive sind etwas weniger stabil, sie unterliegen den Einflüssen der aktuellen Lebensphase. Kompetenzen, also wie wir unsere Ziele erreichen, sind erlernt, ergo trainierbar.

Menschen führen Menschen

Wenn wir nun von Führung sprechen, sprechen wir von einem menschenzentrierten Prozess. Wir haben zwar einen Auftrag, Projekte, Missionen. Aber letztlich führen wir keine Missionen, sondern Menschen, die sie verwirklichen. Sowohl der Persönlichkeit der Geführten als auch der Führenden kommt demnach in einem solch komplexen System wesentliche Bedeutung zu. Die Persönlichkeitsstrukturen sind also kritischer Erfolgsfaktor für anspruchsvolle und menschenzentrierte Aufgaben. Wer kennt sie, geschweige denn handelt bewusst mit diesen Erkenntnissen?

Weil der Mensch entscheidet!

Wie Menschen entscheiden, bestimmt ihr Charakter, wie wir gelernt haben. Was Menschen dazu antreibt, wo sie mit ihren Entscheidungen hin wollen, ist eine Frage der Motive. Ob sie das dann auch können, das ist dann die Kompetenzfrage.

Überlegungen, die sich daraus ergeben:

  • Wie bestimmt die Persönlichkeit die Entscheidungsfindung?
  • Welche Charaktereigenschaften bedingen gute Führungseigenschaften?
  • Welches Umfeld muss geschaffen werden, damit Kompetenzen und ggf. Motive stark der (Führungs-)Verantwortung gerecht werden?
  • Wie beeinflussen Charaktereigenschaften verschiedener Menschen die Teamleistung, insbesondere in kritischen und anspruchsvollen Umfeldern?
  • Welche Charaktereigenschaften eigenen sich für welche Aufgabe?
  • Usw.

Grundsätzlich gilt: Es gibt kein Richtig und Falsch und kein Gut oder Schlecht; nur besser passend zu einer bestimmten Aufgabe oder nicht. Die Persönlichkeit eines Menschen ist individuell. Und das kann eine wissenschaftliche Persönlichkeitsdiagnostik (objektiv) darstellen. Die subjektiven Bewertungen sind es, was wir daraus machen. Daher sollten die oben stehenden Fragen in diesem Kontext betrachtet werden. Für den Bereich des Assessments/ Auswahlverfahren gilt natürlich, es muss klar sein, was konkret getestet, sichtbar gemacht werden soll und warum. Auch hier wird erneut deutlich, wenngleich auf Ebene der Organisation: Was nicht klar ist, kann kein Tool der Welt „richten“. Positionen zu besetzen, Teams zusammenzustellen oder Führungskräfteentwicklung „einfach so“ zu betreiben, wird in der Regel auch ein „einfach so“ Ergebnis erzielen.

Erfolgsfaktor Mensch

Wir leben gefühlt in einer Welt des menschlichen Mangels. Fachkräftemangel und neuerdings auch der Mangel an „robusten Führungskräften“, also denen, die nicht gleich in der Krise handlungsunfähig werden. Vielleicht sind dies die Herausforderungen der modernen Welt und über 8 Milliarden Menschen, Tendenz steigend. Ohne die verwaltenden Aufgaben einer „Personalarbeit“ zu diskreditieren, lohnt sich ein Blick ins Wording, wie wir mit dem Faktor Mensch umgehen: Personalführung, Personalmanagement, Human Ressources, Humankapital, mittlerweile aber auch PeopleOps oder People and Culture. Während die letzteren Begriffe einen umfassenderen und qualitativen Aspekt deutlich mehr forcieren, scheinen die ersteren den reinen (durchaus nötigen) quantitativen/ administrativen Aspekt mehr zu betonen. Ob Menschen eine Ressource sind, darüber lässt sich diskutieren. Nur, wir sollten die qualitative Frage der Persönlichkeit im Berufskontext nicht klein denken. Insbesondere dort, wo sich diese Waage von Austauschbarkeit zu Individualität verschiebt, spätestens da sollte auch die Waage von quantitativer zu qualitativer Betrachtung des Menschen erfolgen. In der bekannten „Personalarbeit“ oder „Personalführung“ findet eine qualitative Betrachtung des Faktors Mensch weniger Beachtung. Da werden Menschen häufig fleißig wie eine Sache verwaltet, administriert und versetzt.

Menschen als Ressource?

Kritisch betrachtet hat eine weniger qualitative Herangehensweise an den Faktor Mensch auch gewisse Vorteile. Hohe Standardisierungen (auch in der „Personalauswahl“) führen oft zu hoher Interoperabilität. In Einsatzberufen und großen Organisationen/ Unternehmen sinnvoll. Und gerade da finden in der Regel ausführliche Assessments, auch für Führungskräfte und -anwärter, statt, meist mit Persönlichkeitsdiagnostik. Im Zuge von Versetzungen „ins kalte Wasser geworfen werden“ hat zumindest die klare Erkenntnis: Wer schwimmt noch oben? Auch dies ist eine Art von Assessment und Entwicklung von Führungskräften. Denn aus individueller Sicht muss sich gehörig gestreckt werden, wenn man „nicht ertrinken“ will. Aus Organisationssicht kann intensive qualitative Arbeit „gespart“ werden, solange es genug Bewerber oder Kandidaten gibt. In Zeiten des „Personalmangels“ UND dem Wunsch nach robusten Führungskräften/ Mitarbeitenden ist eine solche Herangehensweise alles andere als attraktiv. Überlassen Sie die Besetzung von Führungspositionen tatsächlich dem Zufall, einem groben Raster, oder wählen und entwickeln Sie konkret und kontinuierlich?

Wo Persönlichkeit entscheidet

In manchen Berufen ist eine hohe Ersetzbarkeit/Austauschbarkeit von „Humankapital“ wohl Teil des Business‘. Ich selbst habe Jahre in einem solchen Beruf verbracht. Aber insbesondere im Militär und anderen Sicherheits- oder Schutzberufen: je intensiver oder verantwortungsvoller es wird, sind es nicht Menschen als Nummern, sondern als Persönlichkeiten, die den Unterschied machen. Es waren die besonderen Persönlichkeiten, die entschieden oder miteinander kooperierten, die entweder aus nichts Gold zaubern konnten, Teams und Organisationen bewegen konnten oder fast Übermenschliches leisteten. Aber andererseits gibt es auch Menschen, die trotz gleicher Bedingungen und fast identischer Werdegänge und Fachlichkeit an einfachsten Aufgaben scheiterten und Teams nach unten manövrieren. Woran liegt das? Weil wohl Merkmale der Persönlichkeit zu bestimmten Herausforderungen und Aufträgen besser passen als andere.

Fokus auf den qualitativen Aspekt

Stellenbesetzung/Auswahlverfahren

Bei der Stellenbesetzung für Schlüsselpositionen (Führungskräfte, Experten, Vertrieb etc.) ist es sinnvoll, den Faktor Mensch und dessen Persönlichkeit voll im Blick zu haben. Denn nicht jede Persönlichkeit passt zu jeder Aufgabe. Das heißt aber auch, die Organisation muss sich klar sein, was sie will. Reicht es, „eine“ Führungskraft zu haben (Grad der Austauschbarkeit?), oder soll diese bestimmten Eigenschaften mitbringen? Welche Motive oder Kompetenzen können ggf. noch entwickelt werden?

Teamkonstellation

Homogene Teams oder bewusst diversifizierte Teams? Ausprägungen der Persönlichkeit der einzelnen Teammitglieder können bewusst gemacht und statt Konflikten Lösungen gefunden werden. Das ist insbesondere wichtig, bei bewusst diversifizierten Teams oder wenn Teams Hochleistungsteams sein müssen (z.B. OP- Teams, Spezialkräfte, Flugbesatzungen). Da ist kein Platz für vermeidbare Konflikte.

Konfliktmanagement

Konflikte gibt es überall: innerhalb Teams, zwischen Geschäftspartnern, zwischen Chef und Assistent.

Ein Beispiel:

Ich erlebte einen Vorgesetzten mit sehr hoher Dominanz, gepaart mit spontanen und affektiven Entscheidungen und geringer emotionaler Intelligenz. Häufiges „Nachjustieren“ der Entscheidungen und wenig Effizienz die Folge. Was macht das im Team, wenn es sich immer anpassen, unterordnen, sowie Entscheidungen ausmerzen zu muss? Warum gehen einzelne Teammitglieder häufig an die Decke in der Zusammenarbeit mit diesem Vorgesetzten? Welcher Führungsstil passt eher zu welcher Persönlichkeit? Und was macht es mit den Geführten, wenn sie eine andere Persönlichkeit/ einen anderen Stil haben?

Führungskräfteentwicklung

Selbst Kommandeure/ Bereichsleiter sind am Ende des Tages Teamführer: sie führen ihre Elemente/ direct reports

Im Rahmen von Assessmentcentern werden für Führungskräfte im Laufe Ihrer Karriere oder Traineeprogramms im besten Fall wissenschaftliche Tests zur Persönlichkeit durchgeführt. Jedoch bekommen die späteren Führungskräfte des Unternehmens diese Tests meist nicht zu sehen und wenn doch, ist für eine Auswertung in der Regel keine Zeit vorgesehen.

Im Laufe der Karriere/ Dienstposten wird dann gänzlich darauf verzichtet oder nur auf ein grundsätzliches (freiwilliges) Angebot der Persönlichkeitsdiagnostik verwiesen. Meiner Erfahrung nach erfolgt dies viele Jahre zu spät.

Weder Diagnostik zur Sichtbarmachung noch Coachingprogramme zur Entwicklung erfolgen präventiv und kontinuierlich, um auf neue Positionen vorzubereiten. Das individuelle und organisationale „Preisschild“ dieser fehlenden Maßnahmen ist qualitativ nicht absehbar.

So What? Fazit

Ist alles nur eine Frage von Mindset oder Persönlichkeit? Nun, es kommt auf den Kontext an und vor allem darauf, was wir wollen. Eine Persönlichkeitsdiagnostik zeigt uns zwar bestimmte Aspekte, doch was wir daraus machen, hängt von einem klaren Ziel ab.

Individuell und im Unternehmen

Im individuellen Rahmen geht es um das komplexe Zusammenspiel von Persönlichkeit, Führung und Selbstführung. Für Organisationen bedeutet das ganz konkret: Werden Sie sich klar darüber, was Sie eigentlich erreichen möchten.

  • Welche Aufgaben und Herausforderungen müssen bewältigt werden, und welchen Charakter braucht es dafür?
  • Welche Motive unterstützen uns bei der Bewältigung dieser Aufgaben, und wie können wir sie fördern?
  • Welche Kompetenzen benötigen unsere Teammitglieder, und welche können oder sollten noch entwickelt werden?

Kontinuierliche Persönlichkeitsarbeit ist heute entscheidend

In unserer heutigen Zeit, geprägt von großen Herausforderungen und hohen Anforderungen an den Einzelnen – denken Sie nur an die „Gen Z“, den Fachkräftemangel oder die Forderung nach robusten Führungskräften – wird die kontinuierliche Arbeit mit der Persönlichkeit zu einem kritischen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Es ist wie mit einem Porsche: Wer ihn fahren will, muss auch für die Instandhaltung bezahlen. Es geht um den eigenen Anspruch und die gewünschte „Qualität“. Und es ist eine Frage der Professionalität: Haben wir wirklich Platz für vermeidbare Konflikte, oder finden wir frühzeitig Lösungen im Umgang mit individuellen Persönlichkeiten?

Die Kosten der Untätigkeit: Der „Matroschka-Effekt“

Ein Blick auf die Opportunitätskosten kann hier sehr aufschlussreich sein. Wenn Mitglieder einer Organisation immer schlechter ausgewählt, ausgebildet oder weiterentwickelt werden, führt das dazu, dass immer weniger Menschen wirklich für ihre Rolle geeignet sind. Diese werden dann wiederum zu späteren Führungskräften „gemacht“ – und so weiter. Diesen „Matroschka-Effekt“, eine klassische Abwärtsspirale, habe ich selbst in der Führungskräfteentwicklung miterlebt. Es wird dann immer schwieriger, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Coaching als effektiver Weg

Coaching kann auf drei Ebenen ansetzen: in der Personal- oder Führungskräfteentwicklung, in der Teamentwicklung und in der Organisationsentwicklung. Es kann helfen, diesen Abwärtstrend zu erkennen, zu unterbrechen und die gewünschte Richtung einzuschlagen. Für die einzelnen Individuen unterstützt es, den lebenslangen Prozess der Persönlichkeitsbildung professionell zu begleiten – insbesondere dort, wo starke Persönlichkeiten eine wesentliche Rolle spielen.

Quellen

  • Asendorpf: Psychologie der Persönlichkeit. 2024.
  • Asselmann: Woran wir wachsen: Welche Lebensereignisse unsere Persönlichkeit prägen und was uns wirklich weiterbringt. – Die neuesten Erkenntnisse aus der Persönlichkeitspsychologie. 2022.
  • Beck: Sport macht schlau. Mit der Hirnforschung zu geistiger und sportlicher Höchstleistung. 2014.
  • Dörffer; Moore; Rosenthal; Stippler: Führung– Überblick über Ansätze, Entwicklungen, Trends. Leadership Series. Bertelsmann Stiftung. 2011.
  • Holtbrügge: Personalmanagement. 2022.
    Innere Führung: Persönlichkeitsbildung – Stärke in Körper und Geist. 4/2024.
  • Koller: Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. Eine Einführung. 2008.
  • Kraus; Kreitenweis: Führung messen. 2020.
  • Krauss: KI und Hirnforschung. Neuronale Netze, Deep Learning und die Zukunft der Kognition. 2023.
  • Oerter; Montada: Entwicklungspsychologie. 2002.
  • Zur Sache BW: Persönlichkeit – kommt nicht von allein. Ausgabe 46. 2/2024.

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